Im November 1802 verließen die letzten Mönche das Kloster und im Februar 1803 beendete der Reichsdeputationshauptschluss die 629-jährige Geschichte der Zisterzienser in Arnsburg. Die Solmser Grafen erhielten das Kloster und seine Besitzungen als Entschädigung für ihre verlorenen Herrschaften Rohrbach, Kratz-Scharfenstein und Hirschfeld. Die Klosteranlage selbst fiel der Linie Solms-Laubach zu und Friedrich Graf zu Solms-Laubach († 1822) entschloss sich 1811, die Kirche auf Abbruch zu verkaufen. Im Jahre 1818 stürzten Dächer und Gewölbe ein. Lediglich die Vorhalle der Kirche, das Paradies, blieb erhalten. Sie diente, genau wie der Kapitelsaal, als Schafstall.
Gras überwucherte den Boden der Kirche und wuchs auf den Mauern. Büsche und Bäume begannen Wurzeln zu schlagen. Die Natur, stärker als alle menschengemachten Mauern, schickte sich an, das Kloster zurückzuerobern. Besucherinnen und Besucher, die zum ersten Mal die Ruinen der Klosterkirche betraten, die efeuberankten Wände und die baumbewachsenen Mauerkronen erblickten, fühlten sich an die Gemälde Caspar David Friedrichs erinnert. Und so verwundert es auch nicht, dass bereits im 19. Jahrhundert ein regelmäßiger Besucherstrom einsetzte. Zahlreiche Künstler und Fotografen haben seitdem versucht, diese romantische Melancholie der Arnsburger Klosterruine einzufangen.
In den 1950er Jahren begannen behutsame Sicherungsarbeiten an der Ruine. Die Gewölbe des nördlichen Seitenschiffs wurden saniert, die Fundamente der Apsis ausgegraben und aufgemauert, die Treppe zum Dormitorium erneuert. Einige tiefwurzelnde Laubbäume mussten weichen, genauso wie ein Großteil des Efeus. Ein Teil des Baumbewuchses wurde jedoch erhalten und für diesen denkmalpflegerischen Kompromiss, also den Versuch, sowohl die mittelalterliche Bausubstanz als auch die romantische Ruine des 19. Jahrhunderts zu erhalten, erhielt der Freundeskreis 1987 die »Silberne Halbkugel«, einen Preis des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz
Uns heutigen Besucherinnen und Besuchern bietet sich wiederum ein anderes Bild. Als Ende der 1990er Jahre erneut eine Sanierung der Kirchenruine nötig war, hatte sich der denkmalpflegerische Akzent verschoben. Nach intensiver Diskussion entschied der Freundeskreis, den Baum- und Efeubewuchs komplett zu entfernen. Lediglich der große Efeu an der Westseite blieb erhalten, da seiner Entfernung auch mittelalterliche Putzreste zum Opfer gefallen wären. Zum einen sollte so der weitere Verfall der Ruine aufgehalten und zum anderen die Sicherheit für die Besucherinnen und Besucher erhöht werden.
Seit 2023 liegt der Erhalt der Ruine wieder in der Hand der Familie Solms-Laubach.
Zahlreiche ältere Fotos der Ruine finden sich im Bildindex der Kunst und Architektur.
© Freundeskreis Kloster Arnsburg e. V., 2017–2024